Deckungsbeitrag – Der König unter den Steuerungskennzahlen

Veröffentlicht am 19. Mai 2025 um 15:59

Serie: Zahlen, die führen: Die wichtigsten Kennzahlen im Controlling verständlich erklärt

Was jede:r Controller:in wissen, hinterfragen und kommunizieren können sollte

In unserer kleinen Bäckerei gibt es ein Gespräch über die neue Filiale und welche Brotsorten mitgenommen werden. „Roggenbrot, Dinkelsauerteig oder Almbrot, verkaufen sich wirklich gut,“ sagt der Filialleiter. „Ja, das Almbrot ist beliebt – aber wenn wir ehrlich sind: Es frisst unsere Kapazitäten“, meint die Bäckerin. „Also – wirtschaftlich gedacht – ist es ein Problemfall.“
Eine typische Situation: Was verkauft sich gut – und was ist wirklich rentabel?

Stellen Sie sich vor, Sie sind verantwortlich für die Sortimentsentscheidung. Was zählt mehr: Beliebtheit oder Beitrag zur Fixkostendeckung?

👑 Was ist eigentlich der Deckungsbeitrag?

Aber bevor wir in das Thema einsteigen, kurz zur Wiederholung, was ist der Deckungsbeitrag – außer unser König der Kennzahlen? Der Deckungsbeitrag ist jene Kennzahl, die uns sagt, ob wir durch den Verkauf unserer Produkte oder Dienstleistungen unsere fixen Kosten decken und einen Gewinn erzielen können. Der DB macht sichtbar, ob ein Produkt oder eine Dienstleistung nicht nur beliebt, sondern auch betriebswirtschaftlich sinnvoll ist:

  • DB I: Umsatz minus variable Kosten → Kann das Produkt überhaupt etwas zum Fixkostenabbau beitragen?
  • DB II: Nach Abzug der produktbezogenen Fixkosten → Deckt das Produkt seine eigenen Kosten?
  • DB III: Nach Abzug der Bereichsfixkosten → Leistet der Geschäftsbereich als Ganzes einen Beitrag zum Betriebsergebnis?

Die Methode basiert auf dem Direct Costing-Ansatz, der in den 1930er-Jahren in der US-amerikanischen Industrie entstand (vgl. Horváth, P. u. a. – Controlling).

🎯 Anwendung in der Praxis: Sortimentsentscheidungen

Zurück zu unserer kleinen Bäckerei: Das Almbrot ist zwar beliebt, aber aufwendig – lange Gehzeit, spezielle Zutaten, viel Handarbeit. Das Dinkelbrot dagegen erwirtschaftet zwar weniger Umsatz, ist aber effizienter produziert. Der Deckungsbeitrag pro Stück? Ähnlich.

Doch jetzt kommt der entscheidende Unterschied:

Das Almbrot benötigt doppelt so viele Produktionsstunden wie das Dinkelbrot – und genau diese Stunden sind bei begrenzter Ofen- und Personalzeit der Engpass.

⚠️ Fallstrick: „Deckungsbeitrag pro Stück“ vs. „Deckungsbeitrag pro Engpassstunde“

Einer der häufigsten Denkfehler: Es wird nur auf den DB pro Stück geschaut. Doch bei knappen Ressourcen – im Fall unserer kleinen Bäckerei die Ofenkapazität oder die Personalzeit – ist die relevante Größe der DB pro Engpasstunde.

„Das Almbrot bringt 1,20 € DB pro Stück – klingt gut.“
„Aber der Dinkelwecken bringt 0,90 € pro Stück und benötigt nur halb so viel Ofenzeit – sein DB pro Stunde ist also doppelt so hoch.“

Hier ist ein Perspektivenwechsel sinnvoll, auch wenn dadurch eine radikale Veränderung notwendig wird.

Dieses Prinzip ist aus der Theory of Constraints bekannt: Entscheidend ist nicht der absolute DB pro Stück, sondern der Beitrag pro Engpasseinheit – etwa Ofenstunde oder Personalminute. (vgl. Goldratt, Das Ziel, 1984)

📊 Fazit: Controlling als Entscheidungsnavigator

Deckungsbeiträge sind mehr als nur Zahlen – sie sind kleine Geschichten in Zahlenform:

Sie erzählen uns, was wirtschaftlich sinnvoll ist, welche Ressourcen wie berücksichtigt gehören und wie wir Gewinnpotenziale sichtbar machen, ohne uns rein auf das Bauchgefühl zu verlassen.

Vielleicht hilft dieser Merksatz:

Beliebtheit verkauft Produkte –

Deckungsbeitrag steuert Unternehmen.

 

👉 Wie entscheiden Sie in Ihrem Unternehmen, welche Produkte wirklich wirtschaftlich sinnvoll sind? Teilen Sie Ihre Erfahrungen oder diskutieren Sie mit mir im Kommentarbereich.

Bildquelle: iStock.com/ediebloom

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